Eine Buchbesprechung
Das Mädchen zwischen den Zeilen von Sylvia Krupicka
Meistens ist Gewitterwolkenstimmung zwischen der fast 13-jährigen Simone und ihrer Mutter. Simone sieht es an ihrem Strichmund, wenn so ein Wetter aufzieht. Darin gibt es Schläge und überbordende Strafarbeiten. Die unterkühlte Frau dominiert Simones Leben. Der Vater ist übergriffig und unterbindet die Kontakte der Tochter. Das Mädchen flüchtet sich hinter eine unsichtbare Wand, dort ist es allein und ganz in seiner Welt. Manchmal erwacht dort das „Steingefühl“, manchmal das „Heißer-Wind-Gefühl“. In „Das Mädchen zwischen den Zeilen“ erlebt der Leser den wütenden Gefühlstrudel einer Heranwachsenden, der sie in ihren „Fantasiekeller“ treibt, in dem sie in Schraubgläsern schlimme Gedanken konserviert. All die unaussprechlichen Worte, all die inneren Nöte und Verdächtigungen. Sie kann die Gläser vielleicht irgendwann wieder öffnen, sich ansehen oder für immer wegschließen. Die Ereignisse überschlagen sich, als sich Simone das erste Mal verliebt.
Der Roman von Sylvia Krupicka führt uns authentisch zurück ins Jahr 1973. Die Wohngegend befindet sich nahe der Berliner Mauer. Dort gibt es eine „Pause“ im Grenzgebiet, eine Brache, auf der die Fantasie erblüht. Sprache und Gedankenwelt des Buches liegen stimmig in der Zeit, ohne dass sie Staub ansetzen. Denn das Mädchenbuch erzählt – auch interessant für heutige Eltern – von den inneren Nöten, die aus mangelnder Zuwendung und alten Rollenbildern entstehen. Ein mutiges, zeitloses Buch; sehr empfehlenswert.
Petra Elsner
Das Mädchen zwischen den Zeilen von Sylvia Krupicka, Klappenbroschur 146 Seiten, Edition Periplaneta, ISBN: 978-3-95996-272-8, 14,50 €